In Deutschland werden wieder mehr Tierversuche durchgeführt. Die aktuellen, vom Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) vorgelegten Tierversuchszahlen zeigen, dass 2.854.586 Tiere im Jahr 2016 in deutschen Tierversuchslaboren litten und (größtenteils) starben. Davon wurden 57.813 Tiere aus den Vorjahren erneut und 2.796.773 Tiere erstmals verwendet. Gegenüber dem Vorjahr sind die Zahlen um 54.625 Tiere gestiegen. Die Ärzte gegen Tierversuche bezeichnen die Situation weiterhin als alarmierend.
Seit im Jahr 1989 mit der Datenerhebung begonnen wurde, ging die Zahl der Tiere von 2,6 Millionen auf einen Tiefpunkt von 1,5 Millionen im Jahr 1997 zurück. Seither gab es einen kontinuierlichen Anstieg. Auch 2016 waren die Hauptleidtragenden Mäuse (1.992.749 bzw. 80,4 %), Ratten (317.357 bzw. 11,1 %) und Fische (310.637 bzw. 10,9 %). Aber auch Kaninchen (99.084, 3,5%), Katzen (766), Hunde (3.977), Meerschweinchen (14.760), Schweine (17.434) und Tiere vieler anderer Arten mussten für Tierversuche herhalten.
2016 wurden 2.462 Affen verwendet, davon 653 erneut. Allein 1.548 Langschwanzmakaken (62,8%) stammten aus Nicht-EU-Ländern wie China und Mauritius. Der Großteil der Affen (1.798 = 73%) wurde für regulatorische Zwecke wie Giftigkeitsprüfungen verwendet.
Vor allem die Anzahl der Tiere, die für die per Definition zweckfreie Grundlagenforschung leiden und sterben müssen, steigt ständig an. Im Jahr 2003 wurden etwa doppelt so viele Tiere (850.710 Tiere) in diesem Bereich verbraucht als noch 1999 (438.000 Tiere). Im Jahr 2008 war der Tod von 867.074 Tieren in diesem Bereich zu verzeichnen und 2009 lag die Ziffer bei 917.070 Tieren und 2012 bei über einer Million (1.138.508) Tieren. Im Jahr 2015 beanspruchte die Grundlagenforschung 1.175.664 Tiere (53%).
Im Bereich der gesetzlich vorgeschriebenen Tierversuche war seit Jahren ein Abwärtstrend zu verzeichnen. Sie lagen 2006 bei rund 460.000 Tieren (18% der Gesamtzahl), 2008 bei 334.000 Tieren (18%) und 2013 bei 333.698 (11%). Der langfristige Abwärtstrend in diesen beiden Bereichen ist der wachsenden Anzahl der zur Verfügung stehenden tierversuchsfreien Methoden zu verdanken. Darunter sind Verfahren zu verstehen, die ohne lebende Tiere auskommen, also z. B. Organchips, Zellkulturen, Gewebeschnitte und computergestützte Rechenmodelle. Auch klinische und epidemiologische Forschung zählt dazu. Solche modernen Forschungsmethoden sind verstärkt zu fördern. Tierversuchsfreie Testsysteme bieten im Gegensatz zum Tierversuch verlässliche, auf den Menschen übertragbare Ergebnisse.
Seit Jahren nimmt auch die Zahl der genveränderten Tiere zu. Im Jahr 2011 wurden 731.678 transgene Tiere in der Forschung verbraucht, 25% der Gesamtzahl und etwa 8.000 mehr als im Vorjahr. 2013 waren es bereits 947.019 transgene Tiere, fast 32% der Gesamtzahl. 2015 waren es 1.115.828 und 2016 1.209.435 Tiere, davon 1.041.584 Mäuse.
Mit der Neureglung der EU-Tierversuchsrichtline werden seit 2014 auch die Schweregrade erfasst, denen die Tiere ausgesetzt sind. 114.824 bzw. 5,2% der Versuche fielen unter den Schweregrad „schwer“, 23% unter „mittel“, 61% unter „gering“ und 10,7% unter „keine Wiederherstellung der Lebensfunktion“, d.h., die Tiere wurden unter Narkose getötet. Anzumerken ist hier unbedingt, dass die Einteilung der Schweregrade vom Forscher selbst vorgenommen wird. Besonders alarmierend ist, dass die Zahl der „schweren“ Tierversuche um 2.445 Tiere gegenüber 2015 zugenommen hat. Dazu zählen Versuche, bei denen Tiere erhebliche Schmerzen erleiden, die länger anhalten und nicht gelindert werden können.
Neben den offiziell erfassten Zahlen gibt es eine hohe Dunkelziffer. Bereits bei Zucht und ‚Vorratshaltung‘ werden ‚überschüssige‘ Tiere getötet oder sterben schon vor dem eigentlichen Versuch bei Haltung und Transport. Versuchstiere werden üblicherweise nicht nach Bedarf gezüchtet, sondern im Überschuss, um jederzeit eine gewisse Anzahl von Tieren der einzelnen Arten, Alters- und Gewichtsklassen ‚vorrätig‘ zu haben. Auch fehlen in der Statistik Tiere, die der Erstellung gentechnisch veränderter Linien dienen. Die Zahl der Tiere, die nicht die gewünschte genetische Veränderung aufweisen, wird auf 90 – 99 % geschätzt. Diese Tiere werden getötet und tauchen nicht in den Statistiken auf. Außer Kopffüßern (Tintenfischen) werden wirbellose Tiere wie Insekten und Krebse überhaupt nicht gezählt.
Quelle und weitere Informationen: www.aerzte-gegen-tierversuche.de