Überraschung – Ein Tier kann manchmal Arbeit machen
Von Eva Volk/SAMT e.V. Ob Tierschutz frustrierend ist? Keine Frage. Mal abgesehen von vielen Dingen, die einen den Glauben an die Menschheit verlieren lassen, sind es die vermeintlichen Kleinigkeiten, die fassungslos machen.
Nehmen wir zum Beispiel May, eine 2,5 Jahre alte Katze. Sie fand vor rund zwei Jahren zusammen mit ihrer Schwester ein Zuhause bei einem netten jungen Paar. So weit so gut. Wie das Leben so spielt, ging die Beziehung in die Brüche. Da die Schwestern sich mittlerweile nicht mehr so gut verstanden, zog jeweils eine Katze zu einem Teil des Paars. Ja, nun, so kann es gehen.
Während die Schwester sich im neuen Heim gut einlebte, war May not amused. Ihr neues Zuhause lag nur wenige hundert Meter vom alten entfernt und dorthin wollte May auf Teufel komm raus zurück. Trotz geduldiger wochenlanger Bemühungen wollte sie sich nicht im neuen Heim eingewöhnen, rebellierte mit allem, was sie hatte und kampierte stattdessen lieber auf der Terrasse ihres alten vertrauten Hauses. Bei sowas können Katzen echt bockig sein. Die neuen Mieter waren ziemlich irritiert.
Wir wollten May schon wieder aufnehmen, um neue Menschen für sie zu finden, da kam die Wendung. Mit ihrem herzallerliebsten Charme hatte die nette Maus die Herzen der neuen Mieter erweicht. Und so meldeten sie sich bei uns. Obwohl völlig ohne bisherigen Kontakt zu Katzen, konnten sie sich vorstellen, May ein Zuhause zu geben. In einem seeehr langen Telefonat schilderte man uns, wieso, weshalb, warum und dass Tierschutz ja sooo wichtig ist. Ein Besuch vor Ort wurde vereinbart um zu klären, ob die grundsätzliche Eignung als Katzeneltern gegeben war.
Der Eindruck bei diesem Besuch war durchweg positiv, erste Maßnahmen, wie eine aufwendige Schutzhütte im Außenbereich waren bereits getroffen worden. Viele richtige Fragen wurden von den potentiellen Neubesitzern gestellt und ausführlich beantwortet. Man betonte mehrfach, was man schon alles getan hatte, um Tieren zu helfen und erklärte, dies auch zukünftig weiter intensivieren zu wollen. Zuguterletzt wurde vereinbart, eine Weile zu beobachten, ob May wirklich dauerhaft einziehen will, wovon man ganz fest ausging, und dann zu gegebener Zeit das Ganze vertraglich zu fixieren. Im Prinzip hatten wir an diesem Punkt das Thema gedanklich quasi abgehakt, alles schien gut.
Ja, denkste. Einige Zeit später meldete sich – völlig fassungslos – der Nochbesitzer.
Was war passiert? Eigentlich nichts Ungewöhnliches. May war eines Abends nach Hause gekommen und etwas Blut tropfte aus ihrem Mäulchen. Wurde sie von den neuen Leuten direkt eingepackt und zum Tierarzt gebracht? Nein, stattdessen wurde der Nochbesitzer informiert, der selbstverständlich sofort die Katze einer medizinischen Versorgung – übrigens auf seine Kosten – zuführte. Es stellte sich heraus, dass May offenbar Streit mit einem anderen Tier hatte und dabei unglücklicherweise ein kleines Stück ihrer Zunge eingebüßt hatte. Uff. Nicht schön, aber in den Griff zu bekommen. Entsprechende Medikamente wurden verabreicht und für die nächsten Tage mitgegeben und natürlich ein Kontrolltermin zwei Tage später vereinbart.
So, wir haben also eine verletzte Katze, die zwei Tage lang Medikamente zu bekommen hatte und zu beobachten war. Nicht so schwierig. Möglicherweise sollten noch ein paar Tage länger Medikamente gegeben werden. Den erwähnten Kontrolltermin sollte dann – schon wieder – der Nochbesitzer wahrnehmen. Hmm, seltsam.
Als der junge Mann, der nach wie vor alles tat, damit seine geliebte Katze gut versorgt war, kam, um May für den erneuten Tierarztbesuch abzuholen, traf ihn fast der Schlag. Ihm wurde mitgeteilt, dass das jetzt alles zuviel würde und May nicht mehr zurückkommen müsse.
Im Ernst? Das ist zuviel? Aber sich angeblich im Tierschutz engagieren? Was ist aus dem ganzen Getöne geworden? Nix als heiße Luft. Manche hören sich halt gerne reden. Dass ein lebendes Wesen nicht einfach nur vor sich hin funktioniert, ist anscheinend nicht tragbar.
Da kann man nur sagen, ein Glück, dass sich frühzeitig herausstellte, was Sache ist. Später hätte man womöglich überhaupt nichts mitbekommen.
Auf der Pflegestelle darf die nette Samtpfote nun erstmal wieder fit werden. Wir werden jetzt in Ruhe das perfekte neue Zuhause für May suchen, denn zum Glück sind nicht alle Menschen so ignorant. Aber desillusioniert ist man am Ende dann doch wieder mal.