Bericht von einer Pflegestelle
Von P. Loebt/SAMT e.V. Wenn man Babykatzen in Pflege nimmt, sind sie oft sehr jung, Waisenkinder und noch nicht der Muttermilch entwöhnt. Aufzuchtmilch habe ich also immer auf Vorrat. Das ist auch gut so, denn im vergangenen Sommer waren viele bedürftige Kätzchen zu versorgen gewesen.
Dann kam der Anruf, dass ein Baby aus einem 3er Wurf aufgenommen und von Hand aufgezogen werden müsste. Das Kleine war eine Woche alt, viel kleiner als seine beiden Geschwister und wog nur 78 Gramm. Das ist normalerweise noch unter Geburtsgewicht eines neugeborenen Kätzchens (100g).
Es war ungefähr so groß wie eine Feldmaus.
Während die anderen zwei gut zulegten und bei der Mamakatze ständig ordentlich tranken, hatte sich der Winzling leider die Zitze ausgesucht, aus der nichts rauskam. Das empfand ich als etwas ungerecht, und da ich oft Namen aussuche, die der Katze eine Perspektive geben, nannte ich ihn Khan – das heißt Anführer. Wenn er (was geplant war) durch Handfütterung gut zugelegt hatte, sollte er seinen Geschwistern zeigen, wo der Hammer hängt!
Khan liebte es, an der Flasche rumzunuckeln. Er war große Trinkmengen nicht gewöhnt, weil ja seine Lieblingszitze wenig hergab. So hat er zu Anfang mal einen Milliliter getrunken, mal zwei, das Ganze alle zwei Stunden, auch nachts. Anstrengend.
Es ist eigentlich fast genau so, als wenn ein menschliches Baby einzieht: Der gesamte Tagesablauf richtet sich nach der Versorgung des Babys. Manches bleibt liegen, einiges, damit die wichtigen ersten Tage der Umstellung auf Aufzuchtmilch gelingen.
Nach 10 Tagen ging ich auf dem Zahnfleisch. Dafür ging es Khan blendend! Er trank stetig mehr, schlief viel, nahm täglich zu und entwickelte sich prächtig. Er genoss die Bauchmassage nach dem Essen und schlief zufrieden gleich danach ein. Mit der Bauchmassage hilft man den Kleinen, Blase und Darm zu entleeren. Dabei imitiert der feuchtwarme Waschlappen die Mutterzunge.
Zum Wärmen steckte ich den Winzling oft in meinen BH und manchmal schlief Khan so fest, dass er gar nicht bemerkt hat, wenn er von dort in die weich ausgelegte Box mit Wärmflasche umgebettet wurde. Nachts stand die Box neben meinem Kopfkissen. Der Wecker auch, zumindest für die ersten zwei Wochen.
Mit der Zeit konnte die Fütterung auf alle 3-4 Stunden umgestellt werden, und so kam auch ich irgendwann wieder zu einer guten Nachtruhe.
Wir haben jedes Gramm Zunahme gefeiert. Khan entwickelte sich sehr gut. Nach ungefähr sechs Wochen konnte er es mit seinen Geschwistern aufnehmen, und er hat wild mit ihnen gerauft und gespielt.
Heute lebt er zusammen mit einer wunderbaren Familie und einer anderen Katze als Gesellschaft. Er ist sehr verschmust und menschenbezogen.
Fotos: P.Loebt, Ina B.