Aktuelles aus der Tierschutzarbeit

Foto: B. Hilgers

Geiz ist geil? Nicht wirklich…

Von Eva Volk/SAMT e.V. Wissen Sie, manchmal kann man nur noch fassungslos sein. Nicht, dass uns das bedauerlicherweise nicht häufiger passiert, aber manche Vorkommnisse schlagen dem Fass wirklich den Boden aus.

Wieder mal klingelte das Telefon. Nachstehend ein (verkürztes) Gedächtnisprotokoll des Anrufs:

Anrufer:in (A): Guten Tag, ich benötige Hilfe wegen meiner Katze.

SAMT (S): Wie können wir helfen?

A: Sie ist schon älter und hat eine Schilddrüsenüberfunktion und der Tierarzt will nicht das deutlich billigere Humanmedikament verschreiben, sondern das teure Medikament für Tiere. Habe das Humanmedikament aber schon mal irgendwo bekommen.

S: Ähm, naja, die Umwidmung von Humanmedikamenten zwecks geringerer Kosten ist so nicht mal eben zulässig, sondern nur in begründeten Ausnahmefällen.

A: Unverschämtheit, die Besitzer so auszunehmen.

A: Und die Zähne sollen auch ganz schlimm aussehen. Es geht der Katze nicht gut, sie frisst nicht.

S: Okay, sie müssen sie unbedingt ans Futtern bekommen (es folgten diverse Tipps hierzu). Wenn es der Allgemeinzustand der Katze zulässt, sollten die Zähne schnellstens saniert werden.

A: Was kostet denn sowas?

S: Das ist abhängig von Zustand und Anzahl der zu ziehenden Zähne und dem Schwierigkeitsgrad der OP. Im schlimmsten Fall können ein paar Hundert Euro anfallen.

A: WAS???

S: Naja, keine Panik, wir können u.U. helfen. Sind die denn bedürftig und beziehen entsprechende Leistungen?

A: NEIN! Ich arbeite Vollzeit und beziehe ein gutes Gehalt.

S: Äh…

A: Und außerdem ist das ja gar nicht meine Katze.

S: Wie bitte?

A: Die ist mir zugelaufen vor ein paar Jahren, als der Nachbar gestorben ist. Seither kümmere ich mich um sie.

S: Also erstens ist das dann Ihre Katze und zweitens unterstützen wir i.d.R. nur Bedürftige. Alles andere wäre für uns auch gar nicht zu leisten. Und wenn Sie ein gutes Gehalt beziehen, sollte das doch eigentlich auch kein Problem sein?

A: Aber ich bezahle doch schon so viele Steuern, allein schon die Mehrwertsteuer.

S: Das tun wir alle, aber deswegen können wir doch nicht jedem die Tierarztkosten bezahlen. Als privater Verein, der sich überwiegend aus Spenden finanziert – und keine Zuwendung der öffentlichen Hand bekommt – haben wir uns dem Ziel verschrieben, Tieren in Not und Tierhaltern mit geringem Einkommen zu helfen. Wenn wir auch diejenigen unterstützen, die das eigentlich gar nicht nötig haben, bleibt nicht genug für die Fälle, wo wirklich Not am Mann ist. Daher können wir Ihnen leider diesbezüglich nicht helfen.

S: Wollen Sie die Katze denn vielleicht abgeben?

A: Nein.

S: Hmm…

A: Finde ich nicht gut, dass da nichts vom Staat kommt. Vor allem, da wir schließlich alle so hohe Steuern zahlen.

S: Wie dem auch sei, Sie müssen dringend einen Termin für die Zähne machen. Da die Katze schon älter ist und Probleme mit der Schilddrüse hat, empfehlen wir außerdem ein geriatrisches Blutbild machen zu lassen. Dann weiß man, wo man steht und kann der Mieze noch ein langes und zufriedenes Leben ermöglichen. Andernfalls quält sich das Tier.

A: Ja, okay, weiß ich Bescheid.

Dieses Gespräch wurde übrigens innerhalb von wenigen Stunden mehr oder weniger inhaltsgleich mit 2 (!) SAMT-Mitarbeitern geführt.

Einige Wochen später meldet sich die Tierarztpraxis (ja, die, die einfach keine Humanmedikamente ohne Grund verschreiben will), weil jemand – raten Sie mal wer – seine Katze einschläfern lassen will. Und zwar ohne weitere Checks. Nach kleiner Diskussion ist man bereit, die Katze abzugeben.

Die Pflegestelle düst direkt zur Praxis, wo zwischenzeitlich bereits eine Blutabnahme zwecks weiterer Erkenntnisse veranlasst wurde. Dann darf Mautzi erstmal mitkommen, bekommt ein eigenes Zimmer, ein kuscheliges Bettchen und leckeres Futter und natürlich ihr Schilddrüsenmedikament (das für Tiere). Sie freut sich sichtlich über die Aufmerksamkeit und gibt Köpfchen.

Insgesamt wirkt sie schon ziemlich mitgenommen. Leider erweisen sich auch ihre Blutwerte nach kurzer Zeit als katastrophal und die Süße ist sehr schlapp. Da sämtliche Werte bei ihr völlig aus dem Ruder gelaufen sind – Schilddrüse, Leber, Bauchspeicheldrüse, Nieren – und ihre Nieren mittlerweile hart wie Stein sind, gab es leider keine andere Möglichkeit, als der Kleinen weiteres Leiden zu ersparen. Nur drei Tage durfte sie bei uns rund um die Uhr betüddelt und mit Liebe umgeben werden.

Hätte man ihr vor einigen Wochen noch helfen können? Möglich, vielleicht ja, vielleicht nein, mehr Lebensqualität wäre jedenfalls machbar gewesen.

Hätte man ihr helfen können, wenn deutlich früher Checks Ups erfolgt und entsprechende Behandlungen durchgeführt worden wären? Auf jeden Fall. Regelmäßige tierärztliche Untersuchungen, medikamentöse Einstellung, geeignetes Futter und umfassende Zahnbehandlungen sind lebensverlängernd. Und zwar und vor allem hinsichtlich eines lebenswerten Lebens, egal wie lange es noch dauern mag. Nichts tun bewirkt das Gegenteil.

Machen wir uns Vorwürfe? Ja. Aber, Leute, es sind Eure Tiere, sie sind von Euch abhängig, Ihr habt die Verantwortung für sie. Ihr könnt nicht alles bei uns abladen, nur weil Euch danach ist. Für Autos, Handys und Urlaub ist doch auch genug Geld da. Es sind empfindungsfähige Lebewesen, Herrgott nochmal, also behandelt sie auch so.

Geiz ist nicht geil.

Wir sind unfassbar traurig. Leb wohl, Mautzi, Du bist jetzt eine Sternenkatze und musst nicht mehr leiden.

Eine Antwort auf „Aktuelles aus der Tierschutzarbeit“

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