Von Eva Volk/SAMT e.V. Unter Animal Hoarding versteht man das krankhafte Sammeln von Tieren. Experten gehen davon aus, dass es sich häufig um eine psychische Störung handelt, die Parallelen zum Messie-Syndrom aufweist. Bei letzterem stapeln erkrankte Menschen Müll, Lebensmittel, Kleidung u.a. in ihrer Wohnung solange, bis diese völlig zugemüllt ist. Ähnlich verhält es sich beim Animal Hoarding.
Viele Tiere allein sind noch kein Animal Hoarding. Ist die Versorgung gut und liebevoll, ist im Grunde alles okay. Nichtsdestotrotz kann bei einem hohen Grundbestand das Ganze auch schnell umschlagen. Oftmals beginnt es mit dem Wunsch, Tiere zu retten. Sind Tiere in Not, werden sie in Sicherheit gebracht, immer und immer wieder, mehr oder weniger zwanghaft. Es wird aktiv nach zu rettenden Tieren gesucht. Andere, oftmals isoliert lebende Menschen sind irgendwann mit der Versorgung überfordert, wie zum Beispiel der rechtzeitigen Kastration, was früher oder später zu einer Explosion des Bestandes führt.
Auslöser des unkontrollierten Sammelns können persönliche Probleme oder Verluste sein. Der Einsatz für Tiere stellt ein Kompensationsverhalten dar. Anfangs mag die Zahl der Tiere beherrschbar sein, doch irgendwann wächst die Angelegenheit den „Rettern“ über den Kopf. Die schiere Anzahl der Tiere stellt schon eine Herausforderung dar im Hinblick auf ausreichende Versorgung mit Futter und Wasser, sowie die Beseitigung der Hinterlassenschaften. Von Tierarztbesuchen ganz zu schweigen. Rein logistisch und auch finanziell ist irgendwann eine Bewältigung nicht mehr möglich. Die entstehenden Probleme werden im Regelfall nicht wahrgenommen oder ignoriert. Vor sich selbst und vor anderen leugnen betroffene Personen allerdings die oftmals unhaltbaren Zustände.
Immer wieder kann in den Medien besichtigt werden, welche Ausmaße Animal Hoarding annehmen kann. Da leben dann 122 Kaninchen auf dem Balkon in gestapelten Käfigen, abgemagert und verletzt. Oder über 50 Katzen leben im Dreck in einem Einfamilienhaus, dazwischen tote und schwer kranke Tiere. Oder rund 100 Hunde werden in einer ehemaligen Kaserne ohne Tageslicht gehalten, haben zahlreiche Bisswunden und werden mit vergammelnden Schlachtabfällen gefüttert. Es gibt zahlreiche weitere Beispiele.
Böser Wille kann in der Regel nicht unterstellt werden. Da ein Krankheitsbild zugrunde liegt, sind diese Menschen einfach nicht in der Lage, die Situation korrekt einzuschätzen.
Generell greift in Deutschland in solchen Fällen das Tierschutzgesetz, Paragraph 2:
Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat,
1. muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen,
2. darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden,
3. muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.
Leider fallen Animal Hoarder häufig erst auf, wenn sich die Nachbarn beschweren wegen Geruchs- und Lärmbelästigung. Wünschenswert wäre es, dass schon etwas früher einfach mal das Gespräch gesucht wird, wenn Anzeichen für übermäßige Tierhaltung zu erkennen sind.
Ist man der Ansicht, Verstöße beobachtet zu haben, ist das jeweilige Veterinäramt der erste Ansprechpartner. Alternativ kann natürlich auch die Polizei benachrichtigt werden oder ein lokaler Tierschutzverein. Fehlt die Einsicht beim Halter, kann jedoch letztendlich nur das Veterinäramt Maßnahmen als zuständige Behörde veranlassen. Zunächst besichtigen sie die jeweilige Wohnung, sofern man sie lässt. Da die Tierhalter leider häufig uneinsichtig sind, wird nur allzu oft erst nach Erwirkung eines Durchsuchungsbefehls die Beschlagnahmung der Tiere möglich. In manchen Fällen kommt es mittels eines Gerichtsverfahrens auch zum Tierhalteverbot.
Leider wird dieses im Anschluss häufig unterlaufen, da die zugrundeliegende psychische Erkrankung nach wie vor besteht und nicht behandelt wurde. Abhilfe könnte nur die konsequente Hinzuziehung entsprechend geschulter Hilfseinrichtungen schaffen. Ohne Therapie geht das Ganze sonst ganz schnell wieder von vorne los.
Leidtragende des Animal Hoardings sind immer die Tiere, die – warum auch immer – unter untragbaren Zuständen ihr Leben fristen müssen und verzweifelt auf Hilfe warten.
Deshalb: Sehen Sie nicht weg!