Helden des Alltags

Bericht von einer Pflegestelle

Von P. Loebt/SAMT e.V. Es kommt nicht oft vor, dass ich als Pflegestelle bei einer Fangaktion live dabei bin. Meistens werden mir die Tiere nach Hause gebracht, die von aufmerksamen Personen gefunden wurden oder die mithilfe der nach Sichtungen aufgestellten Falle gefangen werden.

An diesem Tag im Oktober klingelte es an meiner Tür und ein Mädchen aus der Nachbarschaft berichtete mir aufgeregt, dass am Feldrand, wo die Kinder spielten, sich ein Wurf Kätzchen mit Mama im Gebüsch versteckt aufhielt.

Ich nahm die Transportbox und schwang mich aufs Fahrrad. Meine Nachbarin war auch unterwegs, um zu helfen.

Im Gebüsch, nahe der Schnellstraße, konnten wir zunächst nicht viel erkennen, aber die Kinder führten uns zielsicher zum Fundort. Und da waren sie: Zwei kleine Babykatzen, eng aneinander gekuschelt, schwarz wie die Nacht. Die Mutterkatze war zunächst nirgends zu sehen.

Die beiden konnten wir mit der Hand greifen und sichern, die Kinder bestätigten uns aber, dass sie mindestens ein weiteres sowie die Mutterkatze gesehen hatten.

Eine Falle war schnell organisiert und am nächsten Morgen saß ein weiteres Kitten darin, am Nachmittag die Mama. Die Falle blieb vor Ort, um mögliche weitere Kitten anzulocken. Wir hatten die Umgebung komplett abgesucht, jedoch nichts entdecken können. Aber man weiß ja nie…

Die kleine Familie war vorübergehend in meinem Bad zu Gast und froh, regelmäßig etwas zu fressen. Die Kleinen waren circa sechs Wochen alt, freuten sich über Nassfutter, wurden aber auch noch gesäugt. Sie waren sehr scheu und ängstlich, das hieß, dass sie Menschen nicht kannten. Die Mutterkatze schon. Sie genoss Streicheleinheiten, schnurrte und suchte Kontakt.

Nach dieser zweitägigen Fangaktion klingelte es erneut an der Haustür und diesmal war es eine Mutter, die gemeinsam mit ihrer Tochter bestätigte, dass sich am alten Fundort noch ein Kätzchen befinden musste.

Gemeinsam mit zwei Vereinskolleginnnen eilte ich zu der Fundstelle. Die Transportbox hatten wir wieder dabei.

Das Kleine saß in einem Rohr fest! Es maunzte jämmerlich, es hatte ja schon mindestens eine Nacht allein in der Kälte verbracht.

Das circa 3 Meter lange Rohr lag schräg am Hang der Schnellstraße, war mit teilweise sehr großen Steinbrocken gesichert und diente eigentlich zur Abführung von Regenwasser. Die Kleine hatte sich im Rohr versteckt, war wahrscheinlich unterkühlt, hungrig und panisch. So sehr wir es auch versuchten, es gab keine Möglichkeit, das Kleine zum Verlassen des Regenrohres zu bewegen. Je mehr wir es am unteren Ende lockten, desto höher kletterte es nach oben. Es war uns auch nicht möglich, die großen Steine irgendwie zu bewegen, um das Rohr freizulegen.

Inzwischen hatten sich mehrere Eltern zur Abholung ihrer Kinder am Fundort versammelt, der ja gleichzeitig der Spielplatz der Kinder war. Es gab keine Möglichkeit für uns, das Kätzchen zu bergen. Zum Glück hatte meine Nachbarin eine Idee: „Ich kenn doch den XY bei der Feuerwehr!“

XY hat dann seine Kollegen bei der Freiwilligen Feuerwehr mobilisiert und nur circa eine Stunde später waren vielzählige Feuerwehrleute inklusive Einsatzwagen vor Ort. Der Plan war, das Rohr freizulegen, um es am oberen Ende zu öffnen und so das Kätzchen zu befreien. Das Kitten war inzwischen noch verängstigter und jammerte nur noch leise.

Mit vereinten Kräften wurden die schweren Steine über eine Menschenkette vom Rohr weg nach unten transportiert. Da es mittlerweile dämmerte, mussten die Einsatzkräfte die mitgeführte Beleuchtung aufbauen. Nach einer gefühlten Ewigkeit war endlich das Regenrohr freigelegt! Beim Hineinleuchten konnte man sehen, dass das Kätzchen weit nach oben geklettert war. Es ließ sich aber von oben nicht greifen. Zu viel Panik.

Das Rohr war in der Mitte zweigeteilt, so war der obere Teil mit dem Kätzchen drin jetzt unser Einsatzort. Von unten wurde das Rohrstück mit der Hand gesichert, von oben griff ein Feuerwehrmann hinein – Arm zu kurz. Die rettende Idee war dann: eine Colaflasche!

Die Flasche wurde vorsichtig von oben ins Rohr eingeführt, und Zack plumpste unten das Kätzchen raus. Gott sei Dank lebend! Nass, unterkühlt und panisch, aber frei. Was für eine Freude!

Das kleine Mädchen erhielt den Namen Happy. Im Kreise der Familie erholte sich Happy sehr schnell und verkraftete die einsame Zeit im Regenrohr ohne bleibende Schäden.

Die Rettungsaktion wurde vom Verein entsprechend gewürdigt und ein persönlicher Dank ging an alle, die so viel Zeit investiert und Mitgefühl für ein Tierleben gezeigt hatten. Ein herzliches Dankeschön ging auch an die Kinder. Sie haben sich sehr achtsam und verantwortungsbewusst verhalten und haben entscheidend zu Happys Rettung beigetragen.

Alle Beteiligten, ob Feuerwehr oder Kinder, sind für mich die „Helden des Alltags“.

Fotos: P. Loebt

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